Donnerstag, 19. Mai 2011

Wählen hoch 5 - Am 22. Mai mitbestimmen und die eigenen Rechte wahrnehmen

9.05.2011, Sophie Barkey (DQF09)

Wenn in der Stadt überall Plakate mit kernigen Wahlsprüchen zu lesen sind, wenn die Politiker sich verstärkt öffentlich präsentieren und im SZ Utbremen Aufrufe an mögliche Wahlhelfer verteilt werden – dann bemerkt es selbst der letzte Nicht-Zeitungsleser: Die vier Jahre sind mal wieder um - es stehen Wahlen an!

Am 22. Mai wird erneut die Bremer Bürgerschaft gewählt. Auch die Wahlen zu den Beiräten der Stadtgemeinde Bremen und die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven fallen auf dieses Datum. Sie werden separat zu den Bürgerschaftswahlen erfolgen.
Es gibt einige Veränderungen, die einen größeren Einfluss für die wählenden Bürger beabsichtigen. Die wohl wichtigste Änderung ist das neue Wahlrecht.

Dr. Andreas Mackeben vom Schnupperwahllokal in der Bürgerschaft betont: „Das neue Wahlrecht gibt den Bürgern nicht mehr Einfluss in dem Sinne, dass sie mehr als vorher bestimmen könnten. Es bedeutet vielmehr, dass ihnen eine größere Entscheidungsvielfalt geboten wird. Dadurch können sie ihre Bedürfnisse und Meinungen besser ausdrücken und geltend machen.“
„Gib mir Fünf“ - unter diesem Namen läuft die Informationskampagne zum neuen Wahlrecht, angeleitet von der Bremischen Bürgerschaft. Herr Dr. Mackeben und die verschiedenen Schnupperwahllokale in ganz Bremen sind Teil dieser riesigen Kampagne. Es wird versucht, möglichst viele Wähler auf das neue System vorzubereiten, um ungültige Stimmen zu vermeiden. Herr Dr. Mackeben, der im Wissenschaftlichen Dienst der Bürgerschaft tätig ist, gibt sich zuversichtlich: „Ich glaube nicht, dass es all zu viele ungültige Stimmen geben wird. Ein paar sind leider immer dabei, aber wir hoffen natürlich mit der Kampagne viele Wähler aufgeklärt zu haben. Das System an sich ist - für den Wähler zumindest - wirklich einfach.“
Denn mit „Gib mir fünf“ ist kein freundschaftlicher Gruß gemeint, sondern die fünf Stimmen, mit denen jeder Bremer von nun an wählen kann. Sie können beliebig auf die verschiedenen Kandidaten oder Parteien verteilt werden.

Es liegt dabei an einem selbst, wie genau man sie vergibt – die Hauptsache ist, dass am Ende nur fünf Kreuze auf dem Wahlbogen zu finden sind und keines mehr gemacht wurde. Bei sechs hat man eben Pech gehabt und der ganze Wahlbogen ist ungültig.

Völlig frei können Stimmen für die Wunschkoalition abgegeben werden, die Lieblingskandidaten von verschiedenen Parteien angewählt oder alle Stimmen auf eine Person bzw. Partei gebündelt werden. Die Möglichkeiten sind zahlreich und alle Variationen zulässig, solange eben höchstens fünf Kreuze gemalt wurden. Jedes Kreuz zählt im Übrigen gleich viel.
Das alte Wahlrecht sah für jeden Wähler nur eine Stimme vor und der Stimmzettel enthielt nur die ersten fünf Kandidatinnen und Kandidaten der jeweiligen Parteien. Nun steht auf dem Stimmzettel die ganze Liste der Partei. Das bedeutet, der Wähler kann aus einer großen Palette Personen auswählen, welche er für würdig erachtet, diese Stadt zu führen. So könnte sogar der letzte Kandidat auf der Liste, wenn er oft gewählt wurde, in die Bürgerschaft einziehen.
Besonders interessant und neu hierbei ist, dass der Stimmzettel zu allen Kandidaten und Kandidatinnen Angaben bezüglich ihres Berufes, Alters und Stadtteils enthält.

Jedem Haushalt wird außerdem vor der Wahl ein Musterstimmzettel zugesandt, so kann man sich im Vorfeld genauer über die Kandidaten informieren.

Die Auswertung der Stimmzettel wird in den Tagen nach der Wahl erfolgen und sich erdenklich komplizierter gestalten, als in den Jahren zuvor. Somit wird es am Wahlabend noch zu keiner sicheren Festlegung der Plätze kommen, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach, nur zu einer ungefähren Einschätzung bezüglich der Sitzverteilung insgesamt.
„Hoffentlich schaffen wir das!“, frohlockt Andreas Mackeben. „Zuerst wird hochgerechnet, wie viele Stimmen die Parteien insgesamt bekommen haben. Dabei werden Stimmen für Liste oder Kandidat noch nicht getrennt.“, erklärt er. „In den Tagen darauf wird dann genau ausgewertet, welche Kandidaten tatsächlich einen Platz in der Bürgerschaft bekommen. Die Mandate werden dann nach Sainte-Laguë verteilt. Das ist das Auszählungsverfahren, das in Bremen schon seit 2003 verwendet wird.“

Besonders erfreulich ist auch, dass die 16-Jährigen erstmalig wahlberechtigt sind. Das betrifft auch viele Schüler unserer Schule. Die Politiker sind zu dem Entschluss gekommen, dass man mit 16 Jahren in der Lage ist, sich eine eigene Meinung bilden zu können – auch im politischen Bereich. So wird es hoffentlich viele 16-Jährige Erstwähler geben, die diese Annahme beweisen.
Das Wahlrecht ist ein Recht, für das viele Generationen vor uns auf die Straße gegangen sind; um das besonders Frauen hart kämpfen mussten und welches die erste und einfachste Möglichkeit zum Mitbestimmen ist. Es ist ein Privileg, nach dem sich die Menschen anderer Länder auch heute noch sehnen, und jeder sollte dieses Grundrecht in einem fortschrittlichen Land wie Deutschland für sich ernst nehmen.
Wer wählt, bestimmt mit. Wer wählt, nimmt den Rechtsradikalen prozentual an Stimmen. Wer wählt, nimmt seine eigenen Bedürfnisse und Meinungen ernst. Wer wählt, hat etwas zu sagen.

Wenn jeder denkt, seine Stimme würde nicht viel ausrichten und deswegen nicht zur Wahl kommt, wäre das Ergebnis total verfälscht. Es würde nicht die Meinung aller Bürger repräsentieren.
Diejenigen, die partout keiner Partei ihr Vertrauen schenken und es von keinem Schwerpunkt im Wahlprogramm abhängig machen wollen, können immer noch ihren Wahlzettel ungültig ausfüllen. Nicht besonders effektiv, aber so wird es immerhin prozentual eine Stimme weniger für die rechten Parteien geben, denen wir in Bremen eine eindeutige Abfuhr erteilen müssen.

Und wer meint, nicht wählen zu können, weil er keine Ahnung von Politik habe, sollte sich dringend über die Parteien und deren grundlegende Schwerpunkte informieren. Letztendlich ist doch jeder betroffen von dem, was in der eigenen Stadt vor sich geht.

Jede Stimme zählt. Und dieses Mal haben wir sogar fünf davon.

Weitere Infos sind zu finden unter http://www.5stimmen.de/ oder in den verschiedenen Schnupperwahllokalen.

19.05.2011, Sophie Barkey (DQF09)

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